Zeitstrahl zum 150 Jahre Marienstift mit Texten und Bildern

Chronik der Evangelisch-Lutherischen Diakonissenanstalt Marienstift

Meilensteine

1870 Der „Vaterländische Frauenverein“, deren Vorsitzende Auguste von Campe die Frau des Staatsministers ist, gründet am 8. Mai 1870 das Marienstift. Namensgeberin des kleinen Hospitals an der Wolfenbütteler Straße ist Herzogin Marie, die Mutter des Herzogs Friedrich Wilhelm. Die Diakonissenanstalt Marienstift wird gegründet, um Krankenschwestern auszubilden. Sie sollen Verwundeten im Krieg helfen und als Gemeindeschwestern tätig sein.

Elise Averdieck – eine begnadete Pädagogin, Schulleiterin, Schriftstellerin und Krankenpflegerin –eröffnet 1856 ein privates Krankenhaus „Bethesda“ in Hamburg. Dieses baut sie zu einem Kranken- und Diakonissenmutterhaus aus. 1860 wird es dem Kaiserswerther Verband deutscher Diakonissen-Mutterhäuser angeschlossen. Sie ermöglicht damit die Gründung der Diakonissenanstalt in Braunschweig und bildet die erste Schwester aus Braunschweig in Hamburg aus. Trotz Pflegenotstand schickt sie im Mai 1870 die ersten zwei Diakonissen, um in Braunschweig tätig zu werden.

1872 Das Marienstift wird Mitglied in der Kaiserswerther Generalkonferenz, dem Zentrum der Mutterhausdiakonie, der 1836 als Verein zur Ausbildung und Beschäftigung evangelischer Diakonissen von Theodor Fliedner gegründet wurde.

1877 Die Heilanstalt in Bad Harzburg wird erste Außenstation des Marienstifts. 60 Kinder aus Braunschweig und Berlin werden dort betreut.

1878 In St. Magni in Braunschweig entsteht eine Gemeindeschwesterstation. Drei Diakonissen kümmern sich in einem kleinen Haus neben der Kirche um Säuglinge. Weitere Diakonissen leisten Gemeindepflege, arbeiten in Kinderkrippen und geben Handarbeitsunterricht.

1880 In den Häusern an der Wolfenbütteler Straße wird mit der Alten- und Siechenpflege begonnen.

1881 Die Diakonissenanstalt und der Vaterländische Frauenverein trennen sich. An der Helmstedter Straße wird drei Jahre später ein Krankenhaus mit Wohnbereich für die Diakonissen gebaut. Die Einrichtung wird eine Stiftung. Die Häuser an der Wolfenbütteler Straße, in der einst die Diakonissenanstalt Marienstift untergebracht war, heißen jetzt "Bethanien". Dort werden pflegebedürfte und alte Menschen betreut.

1882 Die erste Kirche wird im Neubau (Mutterhaus und Krankenhaus) an der Helmstedter Str. mit in die erste und zweite Etage eingebaut.  

1883 Einweihung des "Marienstiftes" an der Helmstedter Straße 35. Das Marienstift bildet seine Schwestern selber aus. Ein Assistenzarzt wird eingestellt und 300 Patienten werden versorgt. 

1889 In diesem Jahr erfolgt für das Pfarrhaus I die Grundsteinlegung.

1897 Da ein Erholungsort für die Diakonissen benötigt wird, entschließt man sich zum Erwerb der Jordanshöhe bei St. Andreasberg.

1900 Der erneute Pflegenotstand führt dazu, Freie Hilfsschwestern auszubilden.

1901 Grundsteinlegung des Seniorenpflegeheims Bethanien in der Helmstedter Straße 36a. Ein Jahr später wohnen dort 78 Menschen. Das Haus an der Wolfenbütteler Straße wird verkauft.

1902 Am 2.September findet die Grundsteinlegung zur neuen „Leichenkapelle“, der Friedenskapelle, statt, die im Jahr 1903 am Ewigkeitssonntag eingeweiht wird.

1912 Die nächste Grundsteinlegung erfolgt: das so genannte Feierabendhaus. Das Mutterhaus hatte die Pflicht, den eingesegneten Schwestern, wenn sie nicht mehr im aktiven Dienst tätig waren, einen stillen, sorgenfreien Lebensabend zu verschaffen. Bereits 1913 wird das Feierabendhaus eingeweiht.

1913 Das Pfarrhaus II entsteht.

1914 Das Marienstift ist hauptsächlich in drei Arbeitsfeldern tätig: Krankenpflege, Gemeindearbeit und Erziehungsarbeit.

1914 bis 1918 Während des ersten Weltkrieges arbeiten Diakonissen im gesamten Herzogtum und kümmern sich um Verwundete. Diakonissen sind in bis zu 60 Gemeindeschwesterstationen in der Braunschweiger Region tätig. Bethanien dient während dieser Zeit als Lazarett.

1921 Das Mutterhaus zieht aus dem Krankenhaus in das Feierabendhaus.

1926 An das Feierabendhaus wird ein Anbau als Mutterhaus angefügt.

1924 Die gynäkologische Abteilung Eben-Ezer (heute Frauenklinik Eben-Ezer) wird gegründet.

1937 Die Diakonisse Helene Grüning wird zur Oberin gewählt, kann ihr Amt aber nicht antreten, da nach Meinung der Staatsregierung die erforderliche politische Zuverlässigkeit nicht angenommen werden kann (sie nahm ihre Aufgaben als Oberin trotzdem wahr).*

9./10. November 1938 Im Krankenhaus Marienstift werden nach der „Reichsprogromnacht“ im Gegensatz zu allen anderen Braunschweiger Krankenhäusern verwundete Juden gepflegt und versorgt. Diese Tatsache sowie die Gründung der Verbandsschwesternschaft (heute Diakonische Gemeinschaft) zum Schutz der Mitarbeiterinnen vor der „Zwangsorganisation“ führen zu dem Verbot, Schutzräume für das Krankenhaus zu bauen.*

1939 Die Verbandsschwesternschaft wird gegründet. Der Kaiserswerther Verband erklärt die so genannten Freien Hilfsschwestern zu Verbandsschwestern des Mutterhauses in den Diakonissenhäusern. So wird vermieden, dass die nicht-kirchlich gebundenen Schwestern zu Keimzellen der Machtergreifung in den einzelnen Häusern werden. Neben der Gemeinschaft der Diakonissen entsteht auch im Marienstift eine zweite Schwesternschaft – die Verbandsschwesternschaft – mit eigenem Profil. Beide Gemeinschaften sind verbunden im gemeinsamen Glauben und Dienst. Sie unterstehen dem Vorstand des Diakonissenhauses.

1933-1945 Während des Hitler-Regimes werden im Krankenhaus Marienstift auch Zwangssterilisationen von Bewohnenden der Neuerkeröder Anstalten vollzogen. „Wenn schon diese Eingriffe erfolgen mußten, dann wollten wir diesen Menschen mit Anstand begegnen“, so das Zitat eines Chefarztes. Das Marienstift versuchte in komplizierter werdenden Fragestellungen, seinem kirchlichen und diakonischen Auftrag die Treue zu halten.*

1944 Das Krankenhaus Marienstift wird zu 80 Prozent durch Luftangriffe zerstört, 25 Personen können unter den Trümmern nur tot geborgen werden. Bethanien brennt völlig aus. Die Bewohner finden im Braunschweiger Nicolai-Stift und in Liebenburg Aufnahme. Der Wiederaufbau Bethaniens wird erst im Jahr 1947 abgeschlossen.

1954 Das alte Pfarrhaus wird aufgebaut. Es erhält den Namen „Elise-Averdieck-Haus“ und wird 1955 als Feierabendhaus wieder hergestellt.

1957 Das Pfarrhaus III wird bezogen.

1958 Der Grundstein für die Theodor-Fliedner-Kirche wird gelegt, nach der Einweihung im Jahr 1959 gilt sie als der geistliche Mittelpunkt des Marienstifts und erfreut sich am 16. Juni 1960 am ersten Glockengeläut.

1973 bis 1978 Einweihung des Mitarbeiterhauses (Schwesternwohnheim), des Von-Campe-Hauses (1973) und des Franz-Zabel-Hauses (1974). Die Firma Zabel und Lehmann bauten die Heizungsanlage des Marienstiftes und Franz Zabel sorgte dafür, dass nach dem Abriss eines baufälligen Gebäudes (umgebaute Stallungen) ein neues Gebäude entstand. Die Evangelische Krankenhaushilfe (Grüne Damen und Herren) nimmt ihre Arbeit 1978 auf.

1980 Die Altenpflegeschule auf dem Gelände des Marienstifts wird gegründet. Ein Jahr später entsteht ein neuer OP-Bereich für Anästhesie und ein Entbindungszimmer in der Frauenklinik. Auch das Altenpflegeheim Bethanien wird erweitert.

1987 Die Stiftung wird eine rechtsfähige Stiftung privaten Rechts und wird als kirchliche Stiftung anerkannt.

1987 Die Verbandsschwesternschaft der Ev. Diakonissenanstalt Marienstift benennt sich in die „Diakonische Gemeinschaft“ um. 1989 tritt der erste Diakonische Bruder in die Gemeinschaft ein. 1990 ist Frau Pastorin Hille ist die erste Oberin, die nicht Diakonisse ist.

1992 Einführung der minimalinvasiven Operationstechnik (erste Laparoskopische Operation der Chirurgie) im Krankenhaus Marienstift

1997 Die Klinik für Handchirurgie und angeborene Handfehlbildungen unter der Leitung von Chefarzt Dr. med. Niels Benatar wird gegründet. Einen besonderen überregionalen Schwerpunkt bilden die Behandlung und die langjährige Nachsorge von Kindern mit angeborenen Handfehlbildungen.

2001 Das Babykörbchen wird eingerichtet. Mütter in extremen Notlagen können ihr Kind anonym abgeben. Frauenklinik Eben-Ezer und Altenpflegheim Bethanien werden modernisiert.

2005 Im Marienstift arbeiten über 600 Mitarbeiter. In der Krankenpflegeschule werden 59 Schüler und in der Fachschule für Altenpflege 35 Schüler ausgebildet. 261 Bewohner leben in Bethanien. Jährlich kommen etwa 1000 Kinder in der Frauenklinik auf die Welt. Im gleichen Jahr wird die Palliativstation gegründet, die sich in den folgenden Jahren unter der Leitung von Chefarzt Dr. Rainer Prönneke zu einem Markenzeichen des Hauses entwickelt.

2014 Die Evangelische Stiftung Neuerkerode und die Evangelisch-lutherische Diakonissenanstalt Marienstift besiegeln am 1. Juli 2014 einen Kooperationsvertrag zum Ausbau ihrer strategischen Allianz im Krankenhausbereich und für Gesundheitsdienstleistungen. Das Krankenhaus Marienstift bildet ab diesem Zeitpunkt einen entscheidenden Knoten im Versorgungsnetzwerk der Evangelischen Stiftung Neuerkerode. In diesem Jahr wird Chefarzt Dr. med. Niels Benatar erstmals in der Ärzteliste des Magazins Focus-Gesundheit geführt. Er zählt seitdem jährlich zu Deutschlands Top-Medizinern in seinem Fachbereich der Handchirurgie.

2015 Erster gemeinsamer Stiftungsempfang der Evangelischen Stiftung Neuerkerode und der Evangelisch-lutherischen Diakonissenanstalt Marienstift. Im Mittepunkt steht die Frage „Wie glücklich sind wir mit unserem Gesundheitssystem?“. Die Leitung der Diakonischen Gemeinschaft und Begleitung der Diakonissen ist seit dem Jahr 2015 an den diakonischen Dienst innerhalb des Kirchlichen Dienstes gebunden.

2016 Der Chirurgischen Klinik des Krankenhauses Marienstift unter Leitung von Chefarzt Dr. med. Ekkehard Möbius wurde das Zertifikat „Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie“ ohne Einschränkungen verliehen.

2017 Die Lukas-Werk Gesundheitsdienste GmbH baut die medizinische Versorgung für Menschen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen aus. Dafür hat das Unternehmen am Standort Marienstift Braunschweig ein Medizinisches Zentrum für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen (MZEB) eröffnet und damit das bisherige Angebot der dortigen Institutsambulanz erweitert. Mit Blick auf die besonderen Erfordernisse von Menschen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen arbeitet das MZEB multidisziplinär mit Berufsgruppen wie Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden u.a. zusammen und hilft auch bei psychosozialen Fragen.

2019 Im Januar nimmt die neue Zentrale Notaufnahme (ZNA) am Krankenhaus Marienstift den Betrieb auf und ermöglicht es, die Patientenströme noch professioneller zu steuern. Im Laufe des Jahres formiert sich die Führungsspitze des Krankenhauses neu: Wolfgang Jitschin und Rüdiger Becker bilden die Geschäftsführung, die Krankenhausleitung besteht neben Wolfgang Jitschin aus Rosemarie Ölschlager (Pflegedirektorin) sowie Dr. Udo Rudolf Schwippel (Ärztlicher Direktor). Im Juli wird der Grundstein für den 27,8 Millionen Euro teuren Neubau am Marienstift gelegt – bereits der vierte in der Historie des Hauses. Im Inneren entstehen auf vier Etagen und auf 5.700 Quadratmetern zeitgemäße Räumlichkeiten unter anderem mit einer komplett neuen Frauenklinik sowie vier Operationssälen. Die Fertigstellung des Neubaus ist für 2021 geplant, der Umbau der bestehenden Räumlichkeiten soll im Jahr 2023 abgeschlossen sein. Aktuell sind rund 450 Mitarbeitende im Krankenhaus Marienstift, in Bethanien etwa 170 und in der Schule 13 Kolleginnen und Kollegen tätig.

2020 Anfang des Jahres wird das Hernienzentrum am Krankenhaus Marienstift unter der Leitung von Chefarzt Dr. Ekkehard Möbius re-zertifiziert. Im April hat das über zwei Jahre grundsanierte ehemalige Krankenhaus St.Vinzenz eröffnet, das die Evangelische Stiftung Neuerkerode im Jahr 2017 erworben hat. Das „Haus St. Vinzenz“ als Außenstelle des Senioren- und Pflegezentrums Bethanien verfügt über 97 vollstationäre Plätze für Seniorinnen und Senioren (59 Einzelzimmer, 19 Doppelzimmer, davon 10 spezialisierte Einzelzimmer für Menschen mit Hörschädigung), die von rund 50 Mitarbeitenden betreut werden.

Etwas später im Jahr eröffnet im Gartengeschoss die Tagespflege „St. Vinzenz“, die von der Diakoniestation Braunschweig gGmbH betrieben wird. Es entstehen 18 Tagespflege-Plätze für Seniorinnen und Senioren, die von Montag bis Freitag tagsüber von rund 15 Mitarbeitenden betreut, beschäftigt und in Gesellschaft gebracht werden.

Am 8. Mai – dem 150. Geburtstag des Marienstifts – wollte die Evangelische Stiftung Neuerkerode gemeinsam mit 1.000 Mitarbeitenden der gesamten Unternehmensgruppe ein großes Fest feiern. Am 10. Mai sollte ein großes Straßenfest vor dem Marienstift stattfinden mit einem umfangreichen und inklusiven Rahmenprogramm für Groß und Klein sowie einer Besichtigung des Neubaus. Beide Termine mussten aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden. 

Im Jahr 2020 startet am Bildungszentrum Marienstift die generalistische Ausbildung, in der die bisherigen Ausbildungen der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege zusammengeführt werden. Mit dem neuen Berufsabschluss Pflegefachfrau/ Pflegefachmann können die Absolventen in allen Pflegebereichen arbeiten, sogar in Ländern der Europäischen Union.

Ebenfalls im Jahr 2020 eröffnet das inklusive Quartier St. Leonhard gegenüber der Braunschweiger Stadthalle. Dort ziehen vier Gesellschaften der esn ein mit folgendem Angebot: Wohnen für Menschen mit Behinderung, Tagespflege sowie Service-Wohnungen für ältere Menschen, Fachambulanz und Tagesklinik für Abhängigkeitserkrankungen und Fachklinik für Psychosomatik.

Im September findet zum Tag des Denkmals eine Auftaktveranstaltung an der Friedenskapelle an der Helmstedter Straße statt, die zum Zentrum Würde ausgebaut und dafür aufwändig renoviert und saniert werden soll.

Im November erhält das Marienstift einen Förderbescheid des Niedersächsischen Sozialministeriums über vier Millionen Euro, um den Versorgungsauftrag sicherzustellen und für die Bürgerinnen und Bürger eine dem Bedarf angepasste optimale Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.

2021 Der Rohbau des Neubaus ist abgeschlossen. Die Fertigstellung des Gebäudes ist für Ende 2021 geplant, danach wird bis zum Jahr 2023 im Bestand renoviert.

Im Februar erhält die Unternehmensgruppe der esn und damit auch das Krankenhaus Marienstift sowie die Ev.-luth. Diakonissenanstalt Marienstift ein neues Markenkonzept und somit ein neues Erscheinungsbild.

Im Mai wird bekannt gegeben, dass die Stiftung Herzogin Elisabeth Hospital und die Evangelische Stiftung Neuerkerode angesichts der Herausforderungen im deutschen Gesundheitswesen gemeinsame Wege gehen und eine strategische Partnerschaft schließen wollen. Die Weiterentwicklung der unterschiedlichen Leistungsangebote beider Stiftungen zu einem modernen Gesundheitsnetzwerk für die Region spielt dabei die zentrale Rolle.

Für den Sommer ist die Eröffnung der Klinik für Inklusive Medizin (KIM) geplant.

Nachfolgende Meilensteine finden Sie in der esn-Chronik.

 

*Quelle: Egbert Tröger in „Zum Leben helfen- zum Helfen leben“ (Festschrift zum 125-jährigen Jubiläum der Ev.-luth. Diakonissenanstalt Marienstift im Jahr 1995)